Nehmen wir einmal an, Sie sitzen jobbedingt in einem Verkaufsgespräch mit Herrn A und sind an seinem Angebot interessiert, Sie möchten mehr erfahren. Oder Sie sind privat mit jemandem (B) verabredet, den Sie lange nicht gesehen haben, mit dem es viel zu bereden gibt.
Leider haben Sie das Pech, dass Ihr Gespräch nicht in den ruhigen vier Wänden stattfindet, sondern (nehmen wir nur einmal an) auf einer hektischen Messe, einem lauten Event, einem vollbesetzten Restaurant o.Ä. Die Voraussetzungen, sich in Ruhe auszutauschen sind also alles andere als optimal. Erschwerend kommt hinzu, dass Herr A / Bekannter B ständig gestört wird: A muss auf Zwischenfragen von Kollegen / potentiellen Kunden reagieren, und bei B drängelt sich ständig das surrende und „guck schnell nach“ verlangende Handy in ihr gemeinsames Gespräch.
Was nun? Was können und wollen Sie tolerieren, wieviel Störung lassen Sie zu?
Natürlich können Sie so tun, als wäre nichts geschehen, und versuchen den Gesprächsfaden wiederaufzunehmen. Sie können lächelnd ein „das macht doch nichts“ oder ähnliche Höflichkeitsfloskeln erwidern, wenn sich A / B für die Störung(en) entschuldigt. Wenn die Sache damit für Sie erledigt ist, umso besser.
Wenn grundsätzliche Höflichkeitsregeln wiederholt verletzt werden, führt das jedoch oft zu Irritation, Missmut, Ärger oder Enttäuschung – wer möchte schon ungerecht behandelt, übergangen oder nicht gesehen werden. Erst recht, wenn A / B Ihrer Meinung nach nicht angemessen auf die Störungen reagiert.
Sich im Stillen zu ärgern oder verletzt zu sein und sich hinter „Kein Problem“-Hülsen zu verstecken, bringt Sie nicht weiter. Findet Ihr Unmut keinen unmittelbaren Ausdruck, kommen Ihre Gefühle auf anderem Wege „ans Licht“ – mit negativen Auswirkungen auf Ihre gemeinsame Beziehung: Herrn A sprechen Sie nicht nur Sympathie- sondern auch gleich Kompetenzqualitäten ab, Ihrem Bekannten B die Grundlage Ihres freundschaftlichen Miteinanders. Oder Sie reagieren sich später am Nächstbesten ab, der so gar nichts mit der Sache zu tun hat. Oder suchen gar die Schuld nur bei sich selbst, was auch keine gute (weil einseitige) Idee ist.
Zeigen Sie Ihrem Gesprächspartner stattdessen, dass Sie sich gestört fühlen, wenn er sich aus dem Gespräch reißen lässt, übernehmen Sie Ihren Teil der Verantwortung am Gespräch und tragen zu einer gelingenden Beziehung bei.
Wenn Ihnen die direkte Ansprache unangenehm ist oder Ihnen übertrieben oder spießig oder anderweitig abwegig vorkommt, können Sie zwar mit kleinen Tricks arbeiten und signalisieren, dass Sie Ihrerseits das Interesse am Gespräch verlieren (in Unterlagen blättern, Blick abschweifen lassen, sich zu den Örtlichkeiten entschuldigen) und darauf hoffen, dass Ihr Gesprächspartner den Wink mit dem Zaunpfahl versteht.
Damit laden Sie allerdings mehr Verantwortung bei Ihrem Gegenüber ab als bei sich selbst.
Selbstbestimmter werden Sie hingegen, wenn Sie freundlich-offen (!) vorschlagen, das Gespräch an einem ruhigeren Ort oder zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen, wenn Sie beide sich besser auf die Sache und aufeinander konzentrieren können. Damit stellen Sie auch gleich wieder die richtige Augenhöhe zwischen Ihnen beiden her.